Nachdem ich vor kurzem die Aufarbeitung meiner ersten MPU bei TÜV Süd Tübingen fertiggestellt habe, behandelt dieser Text nun den zweiten Versuch bei dem „Institut für Beratung-Begutachtung-Kraftfahrereignung“ (IBBK) in Stuttgart.
Inhalt
Der Plan
In der letzten Stunde bei Frau R. legen wir zusammen unseren “Schlachtplan” fest (in eckigen Klammern dann Verweise auf die entsprechende Umsetzung in Stuttgart).
Wir bleiben bei der Wahrheit und …
- Ich schildere die Ereignisse im Zweifel etwas milder als beim ersten Mal [1]. Auf der Webseite des IBBK steht ja schließlich auch: “Was Sie uns nicht sagen, wissen wir nicht.”
- Ich kommuniziere, dass ich bei der ersten MPU nicht vorbereitet war und mich deshalb etwas ungeschickt angestellt habe [2].
- Ich gebe an, dass sich seit der letzten MPU etwas in meinen Leben verändert hat:
- Ich kommuniziere mein Vorhaben, auch weiterhin auf Alkohol verzichten zu wollen [5],[13].
- Ich weiss, dass die beiden Alkoholfahrten Fehler waren [6],[7].
Zudem habe ich jetzt noch zwei unterstützende Argumente:
- Abstinenznachweise über 6 Monate
- Sechs Sitzungen bei der Verkehrspsychologin Frau R.
Die unterschriebenen Aussagen meiner zwei Freundinnen von der ersten MPU bringe ich *nicht* mehr mit, weil diese ja offensichtlich in dem Prozess sowieso nicht berücksichtigt werden.
Die MPU
Ich habe die Nacht wieder schlecht geschlafen und weil mein Termin heute bereits um 8:30 in Stuttgart beginnt, muss ich schon zu für mich ungewohnt früher Zeit zur Bushaltestelle laufen:
In Stuttgart kommt beim Empfang dann gleich schlechte Stimmung auf, weil ich vergessen habe, meine Nachweise zu kopieren und die Damen für die vier Seiten jetzt fünf Euro von mir haben wollen.
Weil ich gestern Geburtstag hatte, bekomme ich aber immerhin noch 50% Rabatt und zusammen mit der Rechnung haben wir dann insgesamt 4+1=5 Blatt Papier verbraucht:
Leistungstest
Dieses Mal geht es mit dem Reaktionstests los, wo mich dann die (zugegeben leisen) privaten Gespräche der beiden Empfangsdamen etwas ablenken und auch sicher ein paar Punkte kosten.
Trotzdem reicht es noch zum Sieg und ich bekomme sofort das positive Ergebnis mitgeteilt.
Psychologischer Test
Dann geht es zur Diplom-Psychologin Frau R., die ziemlich müde und abgespannt auf mich wirkt.
Sie teilt mir mit, dass wir während des folgenden Gesprächs so gut wie keinen Blickkontakt haben werden und tatsächlich verläuft die Sitzung dann auch entsprechend distanziert.
Fast noch extremer als Frau Dr. S.-B. beim letzten Mal starrt Frau R. die ganze Zeit über auf ihren Bildschirm, um meine Aussagen in den Computer einzugeben. Wieder empfinde ich die Atmosphäre wie bei einem Verhör.
Vielleicht ist das ja auch Absicht, um die psychische Toleranzschwelle der Prüflinge zu testen? Jedenfalls bewirkt es bei mir, dass ich die Psychologin wieder sehr schnell als meinen Gegner ansehe [14].
Ich berichte dann trotzdem so sachlich wie möglich über die Vorfälle. Allerdings merke ich, wie mir dies zunehmend schwerer fällt, weil ich meine immer gleichen Argumente (die ich immer noch für richtig halte) zum x-ten Mal vortrage und dabei nur Unverständnis von meinem Gegenüber erhalte.
Auf die Frage von Frau R., was ich denn bei “meiner” Frau R. so alles gelernt hätte, lasse ich mich dann genervt zu der arroganten Antwort hinreißen, “dass ich nun etwas besser verstehen könne, wie Psychologen so denken” [8].
Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit und eigentlich hatte ich zum Selbstschutz auch fest vor, mich wie ein ordentlicher Jedi-Meister nicht von meinen Emotionen leiten zu lassen. Aber Frau R. hat es tatsächlich wieder geschafft, mich so auf die Palme zu bringen, dass ich doch wieder vom Pfad der „Hellen Seite“ abgewichen bin, Menno.
Dann kommen wir noch auf das Thema Selbstliebe und Minderwertigkeitskomplexe [9],[10]. Das scheint Frau R. jetzt plötzlich zu interessieren. Zum ersten Mal haben wir etwas Blickkontakt und meint sie zu mir, dass ich diesbezüglich wohl noch einen weiten Weg vor mir hätte.
Dann legt sie die Tastatur weg und sagt in einem ziemlich scharfen Ton, dass ich mit meiner […] Logik versagt hätte, weil ich den Punkt mit dem möglichen Restalkohol nach Feiern nicht ausreichend bedacht hätte. Möglicherweise sei ich ja doch irgendwann nach einer Feier am nächsten Tag alkoholisiert gefahren.
Nach kurzem Nachdenken stimme ich ihr spontan zu. Tatsächlich bin ich z.B. nach Feiern mit meinen alten Studienkollegen am nächsten Tag mit dem Auto nach Hause gefahren. Da habe ich nie wirklich eine Alkohol-Rechnung durchgeführt, sondern bin dann aufgebrochen, wenn ich mich fit “genug” dafür gefühlt habe.
Nachdem wir das geklärt haben, teilt Frau R. mir auch gleich das Ergebnis mit:
Sie meint, dass dies auf alle Fälle nicht positiv ausfallen wird und sie sich aber noch überlegen werde, welche Variante der negativen Bewertung sie wählen wird.
Ich bekomme anschließend einen Ausdruck ihrer Mitschrift, den ich inhaltlich noch korrigieren darf und am Ende in der Zeile “Kunde” unterschreibe:
Medizinischer Test
Interessanterweise wird dieses Mal nur Herzfrequenz und Druck gemessen und dann Blut abgenommen. Sonst macht der Arzt komischerweise keine weiteren medizinischen Tests mehr mit mir. Vielleicht, weil jetzt schon klar ist, dass ich durchgefallen bin?
Anschließend führt Herr V. mit mir dann ein eher psychologisches Gespräch.
Als ich ihm von meinem möglichen Logikfehler mit den Restalkoholfahrten berichte, meint er, dass so etwas in der MPU eigentlich nicht mehr passieren dürfe, weil dies bereits in der Vorbereitung hätte geklärt werden müssen.
Dann sprechen wir über die Fahrradfahrt nach der Betriebsfeier und ich lege ihm dar, dass es meiner Meinung nach gesellschaftlich akzeptiert sei, wenn man in einem solchen Fall auch stärker alkoholisiert mit dem Fahrrad über Feldwege nach Hause fahren würde.
Obwohl er mir in diesem Punkt nicht voll zustimmt, habe ich wie schon bei der ersten MPU das Gefühl, dass ich mit dem Arzt irgendwie viel besser klar komme, als mit der Psychologin und von ihm auch viel mehr Verständnis für meine Einschätzung der Dinge erhalte.
Um die Mittagszeit ist dann der ganze Spuk vorbei und mein Zug fährt wieder zurück nach Tübingen:
Das Ergebnis
Dieses Mal kommt das Gutachten schon nach wenigen Tagen per Post:
In der MPU wurden von Frau R. und Herrn V. folgende Hypothesen geprüft (Ergebnisse farbig am Ende):
- Es liegt Alkoholabhängigkeit vor: Nein
- Kontrollierter Alkohol Umgang: Unklar
- Alkoholgefährdung: Alkoholtrinkverhalten ausreichend verändert: Nein
- Unkontrollierte Koppelung von Alkoholkonsum mit dem Führen eines Fahrzeugs: Nein
- Keine medizinischen Beeinträchtigungen wegen Alkoholmissbrauch: Ja
- Keine verkehrsrelevanten Beeinträchtigungen der geistigen und/oder psychisch-funktionalen Voraussetzungen: Ja
- Ggf. Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung: Nein
Medizinische Untersuchung
Wie bei der ersten MPU ergaben sich aus dieser Untersuchung keine Probleme:
Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung sind somit insgesamt geeignet, die Bedenken an der Fahreignung von Herrn Holzheu auszuräumen [11].
Allerdings habe ich einen Fehler im Protokoll entdeckt:
Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wurde verneint [12].
Psychologische Untersuchnung
Wie bei der letzten MPU ist mein Problem der psychologische Teil, welchen ich dieses Mal aber schon vor der eigentlichen Beurteilung nicht bestanden habe:
Die Angaben von Herrn Holzheu sind nicht geeignet, die Bedenken hinsichtlich der Fahreignung auszuräumen. [15].
Die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung erforderlichen Befunde konnten bei der Untersuchung von Herrn Holzheu nicht in ausreichendem Maße erhoben werden und sind im Rahmen der Befundwürdigung nicht verwertbar [16].
Komischerweise sind in dem Gutachten, die Bedenken der Psychologin, dass ich vielleicht doch irgendwann nach einer Feier mit Restalkohol gefahren sein könnte, nicht explizit erwähnt.
Zumindest ist für mich aus dem Schreiben relativ klar ersichtlich, was Frau R. von mir will, wobei mir die Lösung ihrer Wünsche noch nicht in allen Punkten klar ist.
Problem 1: Wir sind genervt
Wie bereits berichtet, war die Stimmung auch bei meinem zweiten Termin nicht gerade die Allerbeste:
Gutachterliche Ergänzung: Herr Holzheu zeigte während der Sachstandsmitteilung keinerlei Bereitschaft, die aufgezeigten Defizite anzuerkennen [14]. Vielmehr reagierte er zunehmend abweisend und aggressiv.
Ursache:
Ich weiss bis jetzt nicht, welche Defizite Frau R. hier meint und ich wurde ungehalten, weil ich den Eindruck hatte, dass sie meine Argumente nicht verstehen will.
Lösung:
Offensichtlich müssen wir beide die Gegenseite noch besser verstehen?
Problem 2: Rückrechnung für Motorradaussflug
Offensichtlich hat Frau R. erwartet, dass ich genau sagen kann, was ich auf der Hütte getrunken habe:
Die angegebene Trinkmenge zum zweiten Delikt wird nicht erinnert und Herr Holzheu hat sich auch nicht soweit mit seinem Trinkverhalten auseinandergesetzt, dass er hier die erforderliche Trinkmenge berechnet hätte [17].
Lösung (?):
Hier steht wohl noch eine Rückrechnung mit Frau R. an. Ein Problem könnte dabei sein, dass ich mich ja nach der Hüttenfeier übergeben musste und dabei eine nur schwer zu bestimmende Menge Alkohol “verloren” habe.
Problem 3: Frau R. glaubt mir nicht
Jetzt kommen wir zu des “Pudels Kern”, denn Frau R. glaubt meine Geschichte nicht, weil die “Wissenschaft” dagegen spricht:
Herr Holzheu hatte angegeben, sonst nie unter Einfluss von Alkohol ein Fahrzeug geführt zu haben, was im Widerspruch zu den Ergebnissen der Dunkelzifferforschung steht.
Für beide Trunkenheitsfahrten wollte Herr Holzheu Ausnahmesituationen geltend machen, was in keiner Weise realistisch ist. Herr Holzheu fehlt es an der nötigen Offenheit, so dass die Basis für eine positive Verhaltensprognose fehlt [18].
Ursache (?):
Obwohl ich immer noch denke, dass ich ein Musterknabe bezüglich Alkoholfahrten bin, habe ich mir tatsächlich bisher noch nicht genau überlegt, ob ich nicht vielleicht doch ein paar Fahrten mit Restalkohol am nächsten Tag hatte.
Lösung:
Vielleicht reicht es ja schon, beim nächsten Mal diese neue Erkenntnis klar zu formulieren? Das bringt mich dann zumindest etwas näher an den Häufungspunkt der Dunkelzifferforschung.
Irgendwie kommt es mir aber gerade so vor, als ob ich in einem sehr kostspieligen Teufelskreis gefangen bin, aus dem mich die Angestellten offensichtlich nicht so schnell entlassen wollen:
Auf alle Fälle brauche ich wohl noch mehr Beratungsstunden, um vielleicht doch noch irgendwann aus der Sache herauszukommen.
Hoffnungsvolle Grüße aus Tübingen!
Michael Holzheu