Ich hatte ja mittlerweile Herrn F. den “finalen Entwurf” geschickt, aber trotzdem sind wir immer noch nicht ganz am Ende:
Zunächst muss ich feststellen, dass Clemens Idee mit der steileren und dafür kürzeren Treppe leider nicht ganz korrekt war und damit die fehlenden Stufen wieder genügend Platz finden, muss ich das Haus nochmals um 30 cm breiter machen:
Weil ich noch nicht genau weiß, wie später das Gebäude genutzt werden wird, habe ich in meinem Anforderungsdokument ja bereits verschiedene Szenarien definiert.
Die aktuell großen Räume sind für ein Gemeinschafts- oder Arbeitsszenario zwar sehr gut geeignet, aber für eine Familie mit Kindern bräuchte man vielleicht mehr Zimmer im Haus.
In Tübingen haben wir zum Beispiel diese Schiebetüre vor der Küche …
… und wenn die Pizza mal wieder angebrannt ist, …
… kann man ganz einfach die Schotten dicht machen, so dass sich die Gerüche nicht überall festsetzen können:
Bei meinem Haus im Hunsrück identifiziere ich nun Bereiche, …
… welche man unter Umständen noch mit Schiebewänden abtrennen könnte …
… und finde dafür im Internet entsprechende Angebote:
Um den Wohnraum noch besser nutzten zu können, schaue ich anschließend nach passenden Stellen, …
… wo man unter Umständen Klappbetten aufstellen könnte …
… und überlege mir noch einen potenziellen Platz für eine Ausziehsauna:
Die neuen Erkenntnisse fasse ich in einem kleinen Dokument zusammen und am Ende kommt dann ein leicht modifizierter Entwurf heraus, den ich wieder an Herrn F. übermittle:
Weil ich das Haus ja möglicherweise auch dazu nutzen will, um von Zeit zu Zeit mit ein paar Informatiker-Kollegen interessante Software zu entwickeln, brauche ich dafür entsprechend viele Schreibtische, wofür es ebenfalls bereits flexible Lösungen zu kaufen gibt:
Am Ende finde ich insgesamt sieben mögliche Arbeitsplätze im Haus:
Für den Konferenzraum im Dachgeschoss schickt mir meine “Zweite Freundin von Nebenan” dann noch einen Vorschlag für eine Miniküche.
In einem Forum lese ich wieder mal etwas über die Proxon Luftheizung und komme dadurch indirekt wieder zum Thema Holzofen: Die Herrn F. und W. haben mir ja immer den „Schiedel Kingfire“ wärmstens ans Herz gelegt, insbesondere auch deshalb, weil hier kein Luftdruckwächter von Nöten sei.
Also mache ich mich zu dem Thema mit einem YouTube Video schlau. Kurz zusammengefasst hat man bei der Luftheizung das Problem, dass in bestimmten Situationen ein Ungleichgewicht zwischen ein- und ausströmender Luft entstehen kann, wodurch sich im Haus dann ein Über- oder Unterdruck bildet:
Wenn alles normal läuft, strömen die Verbrennungsgase des Ofens über den Kamin nach außen, …
… wenn aber durch die ungleichen Luftströmungen innen der Druck niedriger wird als außen, kann es passieren, dass der Unterdruck die tödlichen Gase vom Kamin in den Raum zieht:
Um das zu verhindern, gibt es den sogenannten Druckwächter, der über zwei Leitungen die Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenluft misst …
… und wenn diese 4 Pascal überschreitet, wird mit Hilfe eines Schalters die Lüftungsanlage deaktiviert:
Weil so ein Druckwächter Sensor auch mal kaputtgehen kann, sind die Elemente hier zur Sicherheit meistens doppelt ausgelegt:
Zumindest was den Lerneffekt angeht, läuft es ja gerade recht gut bei meinem Hausbau , aber die ganzen Vergrößerungs- und Verschönerungsaktionen haben die Kosten mittlerweile um über 100.000 Euro anwachsen lassen .
Ich fühle mich irgendwie an der Bau des Berliner Flughafens erinnert und so langsam wird es mir nun doch etwas mulmig . Deshalb stelle ich *noch* mehr Berechnungen an , welche belegen sollen, dass mein Projekt auch ökonomisch immer noch Sinn macht:
Nachdem ich anfangs dachte, dass ich so einen Hausbau ganz locker über die Bühne bringe, bin ich mir nun doch nicht mehr ganz so sicher und ein paar Fragezeichen haben sich hinter mein ursprüngliches, etwas blauäugiges Selbstbewusstsein geschlichen:
Tatsächlich drückt die Unsicherheit über mehrere Tage empfindlich auf meine Stimmung und sogar Alpträume stören immer wieder meinen Schlaf.
Ein Punkt, der mir schwer im Magen liegt, sind die fehlenden Stellmöglichkeiten für Möbel, weil ich durch die vielen Fenster und großen Räume so wenig Wandfläche im Haus habe.
Auch bei der Sichtverbindung zwischen Wohnzimmer zur (vielleicht unaufgeräumten) Küche bin ich mir unsicher, ob das nicht am Ende zum „Gemütlichkeitskiller“ werden könnte.
Außerdem mache ich mir ein wenig Sorgen, dass die Hausvergrößerung die Wärmepumpe unter Umständen etwas überfordern könnte.
Aber dann gibt mir die aufmunternde Rückmeldung meines Beraters Herr W. wieder etwas Zuversicht, dass ich doch irgendwo auf dem richtigen Weg bin. Und außerdem habe ich ja auch meinen Architekten explizit darum gebeten, dass er mich bitte vor den größten Anfängerfehlern bewahren solle:
In Hennweiler werde ich zwar (wie gewünscht) etwas abgelegen leben, aber dank Internet ist man heutzutage ja überall mit der Welt verbunden und Red Internet & Phone liefert in unserer Straße sogar 1 Gbit/s Download und immerhin 50 Mbit/s Upload:
Das sollte eigentlich locker reichen, denn in Tübingen komme ich sogar mit deutlich geringeren Bandbreiten gut über die Runden:
Trotz aller guten Argumente hören meine nagenden Zweifel aber einfach nicht auf und an einem ganz schlimmen Tag lese ich mir sogar mal die Bedingungen einer möglichen Vertragskündigung durch.
Ich frage mich, in wie weit auch andere Bauherren ähnliche Probleme damit haben, wenn sich irgendwann die noch leicht änderbare Welt der virtuellen Pläne in eine kostspielige und nur noch schwer änderbare Realität verdichtet.
Zum Glück kommt auch immer wieder Aufmunterndes, zum Beispiel diese WhatsApp Nachricht meiner “Zweiten Freundin von Nebenan”:
Als ich mir dann an einem weiteren Tag des Zweifelns nochmals die schön gestaltete Webseite von Hennweiler anschaue, fällt mir auf, dass die Kirche …
… wie die kleine Schwester des Gotteshauses von meiner alten H0 Eisenbahn aussieht, welches ich ja schon von meiner alten IBM Wirkungsstätte her kenne:
Vielleicht ein gutes Ohmen? Also Kurs halten und vertrauen, dass Gottes Drehbuch für mein Projekt am Ende des Films ein Happy End vorsieht:
Aber wieder zurück zum Tagesgeschäft: Einer der „allerletzten“ offenen Punkte ist noch der Studioausbau vom Dachgeschoss. Ich hatte in meinem Leben bereits zweimal eine Mietwohnung mit Decken bis unter das Dach, nämlich die erste in Althengstett …
… und die zweite in Dettenhausen:
Beide Wohnungen habe ich über Alles geliebt: Deshalb bin ich auch *nicht* sehr erfreut, als ich von Herr F. erfahre, dass es 90,- Euro pro Quadratmeter kostet, wenn man den Dachboden *weglässt* und dafür eine offene hohe Decke haben möchte, also wieder fast 10.000,- Euro mehr, Menno.
Generell rät mir mein Architekt auch eher von meinem Studio-Traum ab. Also überlege ich, ob für mich eine Deckenhöhe von 2,67 Meter möglicherweise doch akzeptabel wäre und finde im Internet dann ein Beispiel, wo mit Einbauschränken ebenfalls ein sehr ansprechendes Ambiente erreicht wird:
Natürlich versuche ich das gleich mal digital zu visualisieren …
… und frage meinen Architekten, ob das so machbar wäre. Zusammen mit der positiven Antwort kommt dann noch eine Zeichnung, die man fast als Kunstwerk an die Wand hängen könnte:
Aus verschiedenen Gründen bleibe ich aber dann trotz der hohen Kosten und der Empfehlung meines Architekten bei meinem Traum vom Dachstudio:
Bleibt noch ein „allerletzter“ zu klärender Punkt, nämlich die Frage nach dem Holzhofen und dem Kamin: Auf der Suche nach einem Experten bekomme ich über die deutsche Website „myschornsteinfeger.de“ die Kontaktdaten für Herrn K., der in Hennweiler für die Schornsteinfegerei zuständig ist:
In dem Telefonat zeigt er sich sehr hilfsbereit und wir besprechen nochmals die Druckwächterproblematik:
Er erklärt mir, dass der Schiedel Kingfire wegen seiner hohen Dichtigkeit keinen Druckwächter benötigt, weil er im geschlossenen Zustand bei bis zu 8 Pascal Unterdruck keine Gase in den Wohnraum dringen lässt. Da die Lüftungsanlage wohl nur maximal 4 Pascal Druckunterschied erzeugen kann, haben wir hier also noch genügend Sicherheitsreserve.
Darüber hinaus erfahre ich, dass Kinder ab 4 Pascal *Überdruck* Probleme bekommen können, die Haustüre zu öffnen, welche ja meistens nach innen aufgeht.
Weil meine letzte Physikstunde schon ein paar Jahre her ist, überlege ich, wieviel Kraft in 4 Pascal wohl steckt. Einen guten Vergleich finde ich im Druck eines Fahrradreifens, der abzüglich des Atmosphärendrucks bei etwa 2 bar oder 200.000 Pascal liegt:
Dagegen hören sich jetzt die 4 Pascal dann nach wirklich sehr wenig an, oder? Trotzdem würde mich das Experiment interessieren, bei einem solchen Überdruck mal die Haustüre zu öffnen. Vielleicht können wir das später ja beim Blower-Door-Test mal ausprobieren?
Aus dem Gespräch mit dem Schornsteinfeger glaubte ich ein gewisses Wohlwollen der Firma Schiedel gegenüber herauszuhören und entscheide mich dann auch deswegen endgültig für den Kingfire Grande S, der an dieser Stelle im Haus wohl auch ganz gut aufgehoben ist:
Laut Herrn K. schreibt die FeuFo ab 2022 nämlich vor, dass der Kamin einige Zentimeter über dem Dachfirst enden muss. Deshalb sollte man das Teil auch besser weiter innen im Haus positionieren, um zu verhindern, dass ein meterlanges Ungetüm die schöne Optik außen verschandelt. Bei geschlossenen Schiebewänden sieht das Ganze dann auch innen noch ganz gemütlich aus:
Als ich auf dem Weg zum Imbiss mal wieder an der Baustelle vor unserer Wohnung vorbei komme, …
… unterhalte ich mich kurz mit einem jungen Arbeiter namens “Noa” und berichte ihm von meinem Bauprojekt. Als ich von der Hennweiler Motocross-Strecke erzähle, gibt er mir sofort begeistert seine Karte und wir stellen per WhatsApp schon mal vorsorglich den Kontakt her, für den Fall, dass ich nächstes Jahr noch Helfer brauchen sollte:
Wieder zurück zur Hausplanung: Das alte Design der Fenster in der Front müssen wir noch einmal überarbeiten, …
… um für die Feuerwehr auf jedem Stockwert die vorgeschriebenen zweite Rettungswege mit einer Breite von 112,5 cm zu realisieren:
Außerdem muss ich auch noch weitere Abstriche bezüglich der Ästhetik hinnehmen, weil laut Herrn F. bei den aus Beton hergestellten Kellerwänden wohl größere Abstände zwischen den Fenstern notwendig sind:
Am Ende müssen wir dann auch noch den Kniestock auf 125 cm herabsetzen, weil das Zwerchhaus auf der ganzen Fläche über 2,30 Meter hoch ist …
… und somit unsere Vollgeschossigkeitesberechnung im DG unglücklicherweise negativ beeinflusst.
Schließlich informiere ich mich noch über notwendige Versicherungen und rufe den Berater an, der bei den Unterlagen von Okal aufgeführt ist. Ich erfahre, dass die zwei wichtigsten Versicherungen bereits in meinem Okal Vertrag enthalten sind:
- Bauherrenhaftpflicht (enthalten)
- Wohngebäudeversicherung (enthalten)
- Bauleistungsversicherung (optional)
- Bauhelfer-Unfallversicherung (optional)
- Haftpflichtversicherung für unbebaute Grundstücke (für mich hoffentlich nicht nötig)
Beim anschließenden Spaziergang dreht sich mein Hirn dann wieder so sehr um die vielen Möglichkeiten beim Hausbau, dass ich die schöne Natur um mich herum schon fast nicht mehr wahrnehme:
Aber ich weiß ja, dass ich von vielen Menschen unterstützt werde und ich deshalb, wie schon schon auf dem Versicherungsformular zu lesen war, nicht ganz alleine bei den ganzen Fragestellungen bin.
Deshalb wünsche ich jetzt auch allen Beteiligten das Allerbeste und viele gute Entscheidungen für das neue Jahr 2022!
Liebe Grüße aus Tübingen
Michael Holzheu