Meine “Freundin von nebenan” schickt mir Abends am 31. Mai folgende Nachricht:
Wow, ein echter Hirschkäfer – nichts wie hin! Bei ihr angekommen, mache ich ein paar Aufnahmen von dem imposanten Kollegen. Interessanterweise scheint er sich recht wohl in der Wohnung meiner Freundin zu fühlen. Trotzdem entlassen wir den hübschen Kerl nach dem Fotoshooting natürlich wieder in die freie Natur.
Für mich war es das erste Mal, dass ich eines dieser seltenen Wesen sehen durfte – deshalb will ich hier auf alle Fälle einen kleinen Beitrag dazu verfassen.
Der “lucanus cervus”, von lateinisch “Waldbewohner” und “Hirsch”, ist die größte Europäische Käferart, bei der die Männchen bis zu erstaunliche acht Zentimeter lang werden können [1].
Die Herren nutzen ihre mächtigen Geweihe, auch Mandibeln genannt, um in sogenannten Kommentkämpfen die Konkurrenz vom Baum zu werfen. Nur der Gewinner hat die Möglichkeit, sich mit einem Weibchen zu paaren. Hier werden dann die beeindruckenden Hirschgeweihe erneut gebraucht, um die erwählte Weiblichkeit festzuhalten [2].
Den erwachsenen Hirschkäfer kann man nur von Anfang Juni bis etwa Mitte August antreffen und in diesem letzten Stadium lebt er dann auch nur etwa acht Wochen lang. Bei Anbruch der Dunkelheit macht er sich fliegend und brummend auf die Suche nach saftenden Baumwunden. Dabei bevorzugt er normalerweise leckere Eichen, aber ab und zu begnügt er sich auch mit anderen Baumarten [3].
Bei der Paarung bleiben Männchen und Weibchen unter Umständen mehrere Tage lang über der Saftquelle stehen und nehmen dabei immer wieder Nahrung zu sich [2]. Weil die gewaltigen Oberkiefer des Männchens nicht als Schneidewerkzeug taugen, hilft ihm die holde Weiblichkeit, mit ihren funktionalen Beißorganen, die Wunden an der Rinde zu vergrößern, um an den süßen Saft zu kommen.
Nach der Begattung gräbt sich das Weibchen 30 bis 50 Zentimeter tief in die Erde ein, um im Laufe von zwei Wochen bis zu 100 weißlich gelbe Eier an morsche Wurzelstöcke zu legen [2]. Die geschlüpften Käferlarven zerkleinern dann das von Bakterien vorverdaute Holz zu Mulm. Weil das tote Holz an sich wenig Nährstoffe hat, ist der Fressprozess für das Wachstum der Larven nur wenig ergiebig. Deshalb dauert es auch zwischen drei und sieben Jahre, bis die Larve ihre maximale Größe von 10 Zentimeter Länge erreicht hat und schließlich der fertige Käfer schlüpfen kann [4].
Bevor wir *unseren* Hirschkäfer wieder in die Natur entlassen, fragt mich meine Freundin noch, wie der Knabe eigentlich heißen sollte: Spontan fällt mir der Name “Roger” ein. Daraufhin meint sie, dass der Vorname “Alles” sein sollte. Also zusammen dann “Alles Roger”! Zur Sicherheit habe ich per WhatsApp aber nochmals nachgefragt, wie wir darauf gekommen sind:
Tjo so kam’s dann wohl …
Liebe Grüße!
Michael Holzheu
Und wie immer, hier der passende Film zum Thema: https://youtu.be/5kkDF_TzV2Y
Einzelnachweise
[1] Hirschkäfer bei de.wikipedia.org
[2] Brummender Geweihträger mit Vorliebe für Eichensaft bei www.nabu.de
[3] Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) – eine imposante Erscheinung mit Geweih bei www.lubw.baden-wuerttemberg.de
[4] Der Hirschkäfer – Auffällig und kurzlebig bei www.planet-wissen.de